Wie wird PMS diagnostiziert?

Wenn Unsichtbares einen Namen bekommen soll

PMS ist spürbar – und doch für andere oft unsichtbar. Viele Betroffene erleben es jeden Monat aufs Neue: körperliche Beschwerden, emotionale Schwankungen, eine Kraft, die plötzlich versiegt – und trotzdem hören sie oft: „Du übertreibst.“ oder „Das ist halt normal.“

Die Diagnose von PMS ist keine schnelle Momentaufnahme. Sie ist eine Reise. Eine Reise durch Tagebücher, Gespräche, hormonelle Rhythmen – und manchmal auch durch Selbstzweifel.

Hier erfährst du ausführlich, wie PMS medizinisch diagnostiziert wird, warum es so wichtig ist, dass die eigene Erfahrung ernst genommen wird – und wie du selbst aktiv werden kannst.

1. Keine Diagnose auf einen Blick – PMS ist eine Ausschlussdiagnose

PMS ist nicht direkt messbar durch einen Bluttest oder ein MRT. Es gibt keinen einzelnen Labormarker, der sagt: „Ja, das ist PMS.“ Die Diagnose erfolgt stattdessen auf Basis von:

  • Beschwerdemustern

  • dem zeitlichen Zusammenhang zum Zyklus

  • dem Ausschluss anderer Erkrankungen

  • der subjektiven Wahrnehmung der Betroffenen

Das macht die Diagnose komplex, aber nicht unmöglich. Und genau deshalb ist eine gründliche Selbstdokumentation so wertvoll.

2. Zyklustagebuch: Der wichtigste Baustein zur Diagnose

Ärzte empfehlen in der Regel, mindestens 2–3 Monate lang ein detailliertes Zyklustagebuch zu führen. Darin werden täglich folgende Punkte notiert:

  • Stimmung und Emotionen (z. B. Reizbarkeit, Traurigkeit, Angst)

  • Körperliche Symptome (z. B. Brustspannen, Kopfschmerzen, Blähungen)

  • Energielevel

  • Schlafverhalten

  • Essverhalten (z. B. Heißhunger)

  • Konzentration

  • Beginn und Dauer der Menstruation

Die entscheidende Frage lautet: Treten die Beschwerden regelmäßig in der Lutealphase auf (etwa 7–14 Tage vor der Periode) und verschwinden sie mit oder kurz nach Einsetzen der Menstruation?

Wenn ja – und wenn die Symptome das tägliche Leben beeinträchtigen – liegt der Verdacht auf PMS oder PMDS nahe.

3. Ausschluss anderer körperlicher und psychischer Ursachen

Weil viele PMS-Symptome auch bei anderen Erkrankungen auftreten können, muss sorgfältig überprüft werden, ob nicht eine andere (oder zusätzliche) Diagnose vorliegt. Dazu zählen z. B.:

  • Schilddrüsenerkrankungen (z. B. Hypothyreose)

  • Depression oder Angststörungen

  • Endometriose

  • PCOS (Polyzystisches Ovarialsyndrom)

  • chronisches Fatigue-Syndrom

  • ADHS (bei Frauen oft spät oder nicht erkannt)

Eine guter Arzt nimmt sich Zeit, fragt gezielt nach, führt gegebenenfalls Hormonanalysen, gynäkologische Untersuchungen oder psychologische Gespräche durch.

Wichtig: Es ist kein Ausschlusskriterium für PMS, wenn psychische Vorerkrankungen vorliegen – aber sie müssen differenziert betrachtet werden.

4. Diagnosekriterien: Wann spricht man wirklich von PMS?

Medizinisch anerkannt ist PMS nur dann, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind – etwa nach dem Leitfaden des American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG). Diese beinhalten:

Die Symptome treten wiederholt in der Lutealphase auf
Sie bessern sich mit Beginn der Menstruation
Es bestehen mindestens ein psychisches und ein körperliches Symptom
Die Symptome beeinträchtigen Alltag, Beruf, Beziehungen oder Lebensqualität
Andere Erkrankungen wurden ausgeschlossen

5. PMDS – die schwerere Form von PMS

Ein Sonderfall ist das prämenstruelle dysphorische Syndrom (PMDS) – eine besonders schwere Form von PMS mit stark ausgeprägten psychischen Symptomen. PMDS betrifft etwa 3–8 % der menstruierenden Menschen.

Die Diagnose erfolgt nach den Kriterien des psychiatrischen Klassifikationssystems DSM-5. Dabei müssen mindestens fünf der folgenden Symptome regelmäßig in der Lutealphase auftreten, darunter mindestens eines der ersten vier:

  1. Stimmungsschwankungen

  2. Reizbarkeit oder Wut

  3. Depression / Hoffnungslosigkeit

  4. Angst / Anspannung

  5. Konzentrationsprobleme

  6. Müdigkeit

  7. Schlafstörungen

  8. Heißhunger

  9. körperliche Beschwerden

Diese Symptome müssen klar vom übrigen Zyklus abgrenzbar sein und signifikant in das Leben eingreifen.

6. Herausforderung: PMS wird oft nicht ernst genommen

Leider dauert es bei vielen Betroffenen Jahre, bis sie eine Diagnose erhalten. Gründe dafür sind:

  • mangelndes Wissen im Gesundheitssystem über Zyklusgesundheit

  • stereotype Vorstellungen („Das ist halt Frau sein“)

  • fehlende Schulung über PMDS in der medizinischen Ausbildung

  • das Tabu rund um Menstruation und Emotionen

  • die Erwartung, „funktionieren“ zu müssen – immer

Deshalb ist es wichtig, sich selbst zu informieren, Notizen zu machen und im Zweifel auch eine zweite Meinung einzuholen.

7. Selbstwirksamkeit: Du bist Expertin deines eigenen Körpers

Die gute Nachricht: Du kannst aktiv an Deiner Diagnose mitwirken. Je besser Du Deinen Zyklus kennst, desto leichter ist es für medizinische Fachpersonen, Dich zu unterstützen.

Hier ein paar Tipps:

  • Führe ein Zyklustagebuch – per App oder handschriftlich
  • Nimm deine Emotionen genauso ernst wie körperliche Symptome
  • Dokumentiere mindestens 2–3 vollständige Zyklen
  • Suche eine gynäkologische oder psychosomatische Fachperson mit Erfahrung
  • Lass dich nicht abwimmeln – dein Erleben ist real

Fazit: Eine Diagnose, die mehr ist als ein Begriff

PMS zu diagnostizieren heißt nicht nur, ein Etikett zu finden. Es heißt: endlich Worte zu haben für das, was du fühlst.
Es heißt: das eigene Erleben nicht mehr kleinzureden.
Es heißt: den eigenen Körper ernst zu nehmen – mit all seinen Wellen, seiner Weisheit, seiner Sensibilität.

Viele Menschen warten Monate, oft Jahre, bis sie verstehen, was in ihnen vorgeht. Manchmal werden sie abgewimmelt, belächelt, nicht ernst genommen. Und genau deshalb ist die Diagnose so wichtig – nicht, um Dich in eine Schublade zu stecken, sondern um Dich herauszuholen aus dem Zweifel. Aus dem Gefühl, allein zu sein.
Denn Du bist nicht allein. Und Du bist nicht „zu empfindlich“. Du bist zyklisch. Echt. Lebendig.

Der erste Schritt zur Diagnose beginnt mit dem Hinsehen. Mit dem Hinhören. Und manchmal: mit einem Stift und einem Blatt Papier.

Dein Körper spricht – und Du hast jedes Recht, seiner Stimme zu vertrauen.

Wenn Du den Mut hast, Deine Erfahrungen zu dokumentieren, ärztliche Hilfe zu suchen und Dir selbst Glauben zu schenken, dann gehst Du einen Weg, der nicht nur zu einer Diagnose führen kann – sondern zu Dir selbst.

 

Quelle:
PMS verstehen & lindern: Die 12 wichtigsten Fragen zum prämenstruellen Syndrom
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